…fragte mich Tino heute per threema. Was denn für ein ‚Versuch‘?, dachte ich – und dann ‚aha, er meint natürlich den Trail‘ und dann fiel mir ein, dass es hier ja eigentlich ‚Track‘ heißt, aber ich mag das Wort gar nicht so gerne, weil ich mich an ‚Trail‘ schon so sehr gewöhnt habe.
Ja, wie ist mein Trail eigentlich? Oder, wie wir in der ‚Gestalt‘ oft fragen: wie bin ich gerade hier? Ich arbeite mich mal von außen nach innen, nach außen…
Jetzt gerade ist es halb acht abends und seit etwa einer halben Stunde ist es bereits dunkel. Es weht und rauscht und die Blätter der Bäume rascheln. Und manchmal quietscht etwas ganz hell und leise. Ich habe mein Meshzelt, wie bisher an allen Tagen, im Shelter aufgebaut und liege auf meiner Luftmatratze im Schlafsack auf dem Rücken.
Als vor einer halben Stunde die Mücken über uns herfielen – heute sind wir insgesamt zu fünft – haben wir uns alle schnell in die Zelte geflüchtet. Nicht, dass ‚Hikers Midnight‘ uns nicht sowieso jede(n) in die eigenen vier Stoffwände locken würde. Zum lesen, schreiben, dösen, meditieren, Sterne gucken, Hörbuch hören, früh schlafen, oder was man sonst so tut…
Von meinem Bett aus kann ich die Konturen der Bäume gegen den Himmel noch erahnen und eine leichte Brise weht mir um die Nase. Ab und zu fällt etwas von den Bäumen auf das Blechdach des Shelters, was trotz geriger Größe ziemlich knallt, aber das erschreckt mich schon seit Wochen nicht mehr.
Jetzt gerade strenge ich mich ziemlich an, als wollte ich meinen Kopf heben – als könne ich dann besser sehen, was ich schreibe. Immer, wenn ich mein Handy kurz herunter nehme um zu denken, merke ich, wie ich mich entspanne. Die Matratze fühlt sich genau richtig weich an unter mir, ich spüre den Schlafsack meine Körperwärme reflektieren. Ich fühle mich genau richtig satt und warm und sehr zufrieden. Meine Beine tragen noch einen Rest Laufspannung in sich, Bauch und Rücken sind entspannt und Kopf und Nacken werde ich gleich auch noch optimieren, sobald ich hier fertig bin. Erstmal auf den Bauch drehen.
Wie ist der Trail? Er ist gut zum spazieren gehen, nicht zu viele Berge – also gar keine – eher Hügel! Mich freut das sehr! 🙂 Anstrengend und einfach, gemütlich, sandig, matschig, pfützig, nervig, zu heiß, zu lang, zu dornig, angenehm entspannt, zum Dahinlaufen, zum Schlendern oder Flanieren, zum Straucheln und Kraucheln und Rennen, zum Beeilen und Trödeln. Der Weg ist eigentlich immer gerade so, wie ich mich fühle oder umgekehrt, (dann bin ich so wie der Trail), ganz nach Tagesform.
Bisher gab’s viele Bäume. Allerdings wurden es die letzten Tage immer weniger, und dafür mehr Kraut und Sand, viel mehr Fliegen und pralle Sonne mit und ohne Wind. Ich fühlte mich teilweise wie eine der ersten aufrecht gehenden Menschen, nur dass ich das Grasland, bzw. die Plains trotzdem großenteils kaum überblicken kann, weil alles so hochgewachsen ist. By the way, nicht hoch genug, um Schatten zu werfen, natürlich…
Morgen sehen wir dann ‚endlich‘ das Meer. Endlich in Anführungszeichen, weil ich den Wald an sich sehr gerne (ich habe sogar den Verdacht: viel lieber) mag und gespannt bin, wie es landschaftlich werden wird. Ich fürchte, in der nächsten Eisdiele in Walpole werde ich möglicherweise einen großen Sonnenschirm klauen müssen… 😉