Heute morgen war ich schon wieder


…shoppen und habe als erstes die Onkel-Hermann-Schirmmütze gegen einen Tante-Hermine-Hut getauscht. Besser. Bisschen zumindest. Was mich noch stört ist, dass ich trotzdem von allen Leuten gesiezt werde. Den Hut gab es leider nur in dunklen und hellen – ich sag mal Naturfarben. Bestimmt ist die Farbe daran Schuld ; )

Aber so oder so irritiert es mich, dieses Gesieze. Wenn ich Sie sage, werde ich geduzt, wenn ich dann umschwenke auf Du, sind wir plötzlich wieder beim Sie… wieso? Oder ist es vielleicht egal?

Naja, ich wollte eigentlich auch noch eine dünne Leggins und was Dünnes für obenrum, gegen den Wind, aber nach einigen Runden durch die Umkleide hatte ich keine Lust mehr. Und ich habe ja auch nicht so viel aussortiert, um meinen Rucksack gleich wieder voll zu stopfen.

Ja tatsächlich, bei der Post war ich auch direkt morgens, mit meinem Päckchen voll zu warmer und überzähliger Klamotten, und das alles vor der zweiten Etappe!

Diese fing recht entspannt an. Zwar ist es immer noch bullewarm, aber mich hetzt ja keiner… gerade sinnierte ich auf meiner Wanderung zwischen den Weiden so vor mich hin, ob ich meine Tage wohl anders strukturieren könnte. Zum Beispiel mit der Sonne aufstehen und von 6 bis 10 Uhr wandern, dann eine fette Siesta zur Mittagshitze und danach von 16 bis 20 Uhr nochmal wandern, oder bisschen später… Problem ist, wenn ich in einer Pension nächtige, ist ja immer auch ein Frühstück mit bei, und darauf möchte ich natürlich ungern verzichten. Und schon gar nicht auf den Kaffee!

Ich grübelte bergauf also so vor mich hin, ob ich unter diesen anderen Gegebenheiten auch überlebensfähig wäre… ging durch ein Gatter und wurde sehr freundlich von einem äußerst sympatischen älteren Herrn gegrüßt. Und weil ich noch nach Luft schnappte, kamen wir ins Gespräch. Und was soll ich sagen…der dritte Satz war „mogst an Kaffe?“ Nachdem ich mich kurz geziert hatte, saß ich schließlich vor seinem Haus im Schatten, und plauderte mit ihm über das Leben auf der Alm und in der Stadt. Er kochte mir einen astreinen Café Crema und brachte sich selber eine verdächtige braune Flasche mit. Erfrischend sah das aus, aber es war noch nicht mal mittags. Nun gut, es geht mich gar nichts an und außerdem machte er überhaupt nicht den Eindruck, als wenn er bei dem Wetter mittags schon Bier trinken würde…

Offenbar habe ich eine sehr beredte Mimik. Ich habe das nicht unter Kontrolle. Während wir sprachen, drehte er sehr bedächtig seine Flasche so lange immer weiter herum, bis das Etikett mich direkt anschaute. Alkoholfrei 😂 natürlich. Das wusste ich. Ich bemerkte in dem Moment, dass wir immer mindestens auf zwei oder drei Kanälen gleichzeitig kommunizieren. Super spannend!!!

Wir plauderten über Corona, Krieg, 4 Meter Schnee im Winter, meine Familie, seine Familie (11 Enkel!) und sein Museum. „Mogst mal sehen?“ Inzwischen war ich trotz des Heißgetränks wieder bis auf die Knochen herunter gekühlt und genoss die neue Energie enorm. Und ich hat’s ja net eilig.

Er ging mit mir in die Scheune und zeigte mir allerhand uralte landwirtschaftliche Gerätschaften. Dann zeigte er auf eine Tür mit einem Vorhängeschloss in der Ecke. „Willst mal sehen? Da ist noch mehr. Was meinst, was do herinnen ist?“

Ich malte mir aus, wie er plötzlich sein wahres Gesicht zeigen würde, mich einsperren und nie wieder herauslassen würde… aber nein, das konnte natürlich nicht sein, er war ja so sympathisch… „Zwei Frauen!“ unterbrach er meine Gedanken (oh mein Gott!). „Aber sie haben nichts an, jedenfalls nicht viel. Die muss ich erstmal anziehen…“ Er kicherte in sich rein und öffnete die Tür.

Schaufensterpuppen!!! Das wusste ich. Und allerhand historische Dinge, die jeder halt früher so zu Hause hatte, alte Skier, eine Milchzentrifuge, Schafscheren, Möbel, Geschirr und alles, was man damals brauchte, als die Gestorbenen noch zu Hause aufgebahrt wurden. Spannend. Und ein interessanter Mensch mit vielschichtigen kommunikativen Fähigkeiten. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich und er meinte noch, vielleicht sähen wir uns ja mal wieder.

Ich ging weiter und kurze Zeit später kam ich schon wieder ins Gespräch. Diesmal mit einer Frau, ich schätze mein Alter, die bei der Hitze versuchte, ihre Wiese zu mähen. Sie lud mich ein, bei ihr zu zelten (Früher hatten wir auch Zimmer, aber seit Corona ist hier nichts mehr los. Kaum noch Wanderer. Die fliegen lieber alle.), aber es war ja erst mittags und ich war ja gerade erst losgelaufen… also lief ich nach einem kurzen aber intensiven Plausch weiter.

Der Tag war toll. Der Weg recht gut beschildert, an den Stockmühlen konnte ich mich hervorragend am eiskalten Bergwasser erfrischen, und in Döllach am Holunder.

Die historischen Stockmühlen

Das, was da auf dem Foto aussieht wie Wolken, ist übrigens nur Dekoration. Keine davon hat sich auch nur in die Nähe der Sonne gewagt.

Jetzt sitze ich nach einem anstänigen Steak mit Zwiebeln und Bratkartoffeln in meinem gemütlichen Bett in der Tattoo Pension…

Klingt, als wäre die Geschichte noch lange nicht zu Ende… 😂

Frühstück ist um 8.


8 Antworten zu “Heute morgen war ich schon wieder”

  1. Mein liebstes für immer alles Schatzi,
    dass fühlt sich total gut an, Deine Sätze zu lesen und die Luft in den 🏔 fast selbst riechen zu können, hoffentlich bringst Du etwas davon mit❣️😘

    • Schatziiiii! Schön dass du voll mitgehst…

      Oh ja, über die Luft werde ich unbedingt noch was schreiben. Die ist echt der Hammer hier!
      Aber mit nach Hause bringen…? Ich bekomme da so komische Phantasien…
      😂

  2. Ja, man fühlt sich tatsächlich mitgenommen, kann aber gleichzeitig auf der Couch liegen bleiben 😉
    Als der Almöhi dir das „Museum“ zeigen wollte, dachte ich das gleiche wie du, hab aber auch an meine legendäre Istanbul-Geschichte (mit Schrecken) gedacht!

    Wenn du jetzt noch dazu schreibst, von wo nach wo die Etappe geht, wie lange sie ist und wo du abends unterkommst, dann sind wir quasi live mit dabei (das wichtigste, nämlich das ESSEN, hast du ja schon geschrieben ;-))

    • Ja, schön von der Couch aus…das würde mir manchmal auch gefallen 😅 aber eben nur manchmal!

      Istanbul, ja da war was, aber was war da…? Gib mir mal ein Stichwort… (nicht so eins wie Allgäu-Orient!)

  3. Hey meine Liebe!!
    Es ist wirklich toll von dir zu lesen, wie die anderen schon gesagt/geschrieben haben ist es fast als wäre man selbst dabei!
    Ich musste tatsächlich bei der Museumskammer von deinem Almöhi irgendwie gleich an criminal minds denken (ich TV Opfer 😉)!
    Aber ich wünsche dir noch viele weitere tolle Begegnungen!!
    Liebe Grüße Silli 😘
    P.s. Wo ist denn deine 2. Etappe? Bzw. Wo steckst du jetzt?

    • Wie schön, dass du dabei bist 😊
      Ich bemühe mich eventuell, ein paar mehr ‚harte Fakten‘ einfließen zu lassen, obwohl Kopfkino natürlich lustiger ist.
      Liebe Grüße von der Goldberghütte

  4. Kauf Dir doch ’ne beige Popeline-Jacke, Modell »Rüstiger Senior«, dann wirst Du ganz sicher gesiezt und kannst Dich drauf einstellen. Ansonsten: Viel Spaß weiterhin und liebe Grüße, Daniel

    P.S. Das Lesen mach echt Spaß.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.